Seit Anfang Januar wird in einem Quartier in Walenstadt lokal erzeugter Solarstrom über eine Blockchain in der Nachbarschaft vermarktet.
In den ersten zwei Februarwochen konnten die Produzenten 82 Prozent des Stroms innerhalb der Quartierstromgemeinschaft absetzen. Zu 25 Prozent versorgte sich das Quartier selbst. Im Rahmen des Projekts soll ein praxistaugliches Konzept entwickelt werden, um möglichst viel Solarstrom lokal vermarkten zu können und die dezentrale Energie von der Sonne für Konsumenten und Produzenten attraktiver zu machen.
37 Haushalte und ein Alterszentrum haben sich in Walenstadt zum ersten lokalen Strommarkt der Schweiz zusammengeschlossen. Das Pilotprojekt «Quartierstrom» wird von Hochschulen und Unternehmen getragen und vom Bundesamt für Energie BFE im Rahmen des Pilot-, Demonstrations- und Leuchtturmprogramms unterstützt. Ein Grossteil der Teilnehmer haben bereits eine Photovoltaikanlage installiert und können nun seit Anfang Januar ihren überschüssigen Strom innerhalb der Gemeinschaft verkaufen.
Wer keinen eigenen Solarstrom produziert, kann lokal erzeugte Energie vom Nachbarn beziehen. Die Preislimits für Kauf und Verkauf können die Teilnehmer über ein Portal einstellen, der Handel wird automatisch über eine Blockchain abgewickelt.
«Das System läuft stabil und der Markt funktioniert»,
freut sich Arne Meeuw vom Bosch IoT-Lab der Universität St. Gallen, der zusammen mit Forschern des Bits-to-Energy-Labs der ETH Zürich das System entwickelt. In den ersten zwei Februarwochen wurde 82 Prozent des lokal produzierten Stroms innerhalb der Gemeinschaft konsumiert.
«Überrascht hat uns, wie oft sich die Teilnehmenden ins Portal eingeloggt haben, um ihre Preislimits anzupassen oder ihre Handelsdaten abzurufen»,
so Meeuw. Einige fragen ihre Daten sogar mehrmals täglich ab. Nur wenige haben sich nach der erstmaligen Anmeldung nicht mehr um das Geschehen im lokalen Strommarkt gekümmert.
Witterung beeinflusst Handel
In der ersten Zeit wurde noch nicht allzu viel Strom tatsächlich gehandelt.
«Anfang Jahr hatten wir eine sehr tiefe Stromproduktion, weil sich die Sonne wenig zeigte oder Schnee die Solaranlagen bedeckte»,
erzählt Christian Dürr vom Wasser- und Elektrizitätswerk Walenstadt (WEW). Den wenigen Strom, der produziert wurde, haben die Prosumenten meist im eigenen Haushalt verbraucht. Erst wenn Überschüsse produziert werden, kommt es zum Handel über die Blockchain.
Dies zeigt sich in den Daten der ersten beiden Februarwochen: Gut 32 Prozent der Gesamtproduktion wurde in der Nachbarschaft gehandelt – knapp 50 Prozent wanderte von den Solaranlagen direkt in den zugehörigen Haushalt. Nur 18 Prozent ging an den Energieversorger. Vom gesamten Stromverbrauch konnte die Quartierstromgemeinschaft 25 Prozent mit lokalem Solarstrom decken. An sonnigen Tagen stieg dieser Anteil auf bis zu 37 Prozent.
Die Prosumenten erzielten mit dem Verkauf ihres Stroms im Quartier höhere Einnahmen als bei einer Netzeinspeisung, bei der sie einen Marktpreis von 4 Rappen pro Kilowattstunde erhalten. Und auch für die Konsumenten ist der Handel attraktiv: Sie berappten weniger für den Strom aus dem Quartier als für den Strom vom WEW.
Auslöser für private Investitionen
Christian Dürr hofft weiter auf gute Verhältnisse für die Solarstromproduktion und auf einen regen Handel.
«Spannend finden die Beteiligten, dass sie im Portal ihre Daten in Echtzeit abrufen können und auch beobachten können, was die Quartierstrom-Gemeinschaft als Ganzes macht»,
erzählt er.
Das Projekt habe bereits im Vorfeld einiges ausgelöst. Zwei Teilnehmer haben ihre Solarstromanlage ausgebaut und drei haben eine Batterie installiert. Die Stromspeicher im Quartier werden nun in den nächsten Monaten als flexible Lasten in das System eingebunden. Damit sollten der Eigenverbrauch der Quartierstrom-Gemeinschaft und ihre Unabhängigkeit vom Netzstrom noch weiter steigen.
Antworten auf viele Fragen erwartet Im einjährigen Pilotprojekt werden Erfahrungen mit der eigens für das Projekt entwickelten Blockchain gesammelt, weitere innovative technische Anwendungen erprobt und erforscht, wie sich die Nutzerinnen und Nutzer im lokalen Strommarkt verhalten. Eine der wichtigsten Fragen aber ist, wie weit der lokale Strommarkt den Absatz dezentral erzeugter erneuerbarer Energie steigert und so einen Beitrag Richtung Ziele der Energiestrategie 2050 zu leisten vermag.
Featured image source: Walenstadt Water and Electricity Company (WEW)
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